Die Verfassung
der Islamischen Republik
Afghanistan
Übersetzt von
Gholam Djelani Davary
Artikel 85
Jede Person, die sich als Mitglied der
Nationalversammlung bewirbt bzw. ernannt wird, muss zusätzlich zu den
Bedingungen des Wahlrechts folgende Merkmale erfüllen:
1.
sie besitzt von Geburt an die
afghanische Staatsangehörigkeit oder hat mindestens zehn Jahre vor der
Kandidatur bzw. ihrer Ernennung die afghanische Staatsangehörigkeit erlangt ;
2.
sie darf nicht von einem
Gericht wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder wegen einer Straftat
verurteilt worden sein und ihr dürfen nicht durch Gerichte ihre bürgerlichen
Rechte aberkannt worden sein;
3.
die Mitglieder der
Volksvertretung sollen am Tage ihrer Kandidatur das Mindestalter von 25 Jahren,
die des Ältestenrats am Tage der Kandidatur bzw. Ernennung das von 35 Jahren
erreicht haben.
Artikel 86
Die Voraussetzungen für die Wählbarkeit
der Mitglieder der Nationalversammlung werden von der Unabhängigen
Wahlkommission nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen geprüft.
Artikel 87
Beide Kammern der Nationalversammlung wählen bei
ihrer konstituierenden Sitzung eines ihrer Mitglieder als Präsident für eine
Legislaturperiode, zwei Mitglieder als ersten und zweiten Stellvertreter sowie
zwei weitere als ersten und zweiten Schriftführer für die Dauer eines Jahres.
Sie bilden jeweils den Verwaltungsausschuss der
Volksvertretung und des Ältestenrats.
Die Aufgaben des Verwaltungsausschusses sind im
Rahmen der Geschäftsordnung der jeweiligen Kammer geregelt.
Artikel 88
Jede Kammer der Nationalversammlung bildet gemäß der
Geschäftsordnung Ausschüsse zur Erörterung der zur Diskussion stehenden Themen.
Artikel 89
Die Volksvertretung hat das Recht, auf Antrag eines
Drittels der Mitglieder einen Sonderausschuss zu bilden mit dem Ziel, die Arbeit
der Regierung zu überprüfen.
Die Zusammensetzung und die Arbeitsweise dieses
Ausschusses werden durch die Geschäftsordnung der Volksvertretung geregelt.
Artikel 90
Die Nationalversammlung hat folgende Befugnisse:
1.
Verabschiedung, Änderung oder
Aufhebung von Gesetzen oder Gesetzeserlassen;
2.
Beschluss über soziale,
kulturelle, wirtschaftliche und technologische Entwicklungsprogramme;
3.
Zustimmung zum Staatshaushalt
und zur Aufnahme oder Vergabe von Krediten;
4.
Schaffung und Veränderung von
Verwaltungseinheiten;
5.
Ratifizierung von
internationalen Verträgen und Abkommen bzw. Kündigung der Mitgliedschaft
Afghanistans;
6.
sonstige in dieser Verfassung
verankerten Befugnisse.
Artikel 91
Die Volksvertretung hat folgende Sonderbefugnisse:
1.
Entscheidung über die
Anhörung jedes einzelnen Ministers gemäß Artikel 92 dieser Verfassung;
2.
Beschluss über die
Entwicklungsprogramme und den Staatshaushalt;
3.
Genehmigung bzw. Ablehnung
von Ernennungen nach Maßgabe der Bestimmungen dieser Verfassung.
Artikel 92
Die Volksvertretung kann auf Antrag von 20% aller
Mitglieder jeden einzelnen Minister befragen.
Ist die abgegebene Erklärung nicht überzeugend,
erwägt die Volksvertretung die Frage eines Misstrauensvotums.
Das Misstrauensvotum gegen einen Minister soll klar,
direkt und sachlich begründet sein. Das Misstrauensvotum wird von der Mehrheit
aller Mitglieder der Volksvertretung ausgesprochen.
Artikel 93
Jeder einzelne Ausschuss einer Kammer der
Nationalversammlung kann jeden Minister zu bestimmten Themen befragen.
Die Person, an die die Frage gerichtet ist, kann
schriftlich oder mündlich antworten.
Artikel 94
Ein Gesetz kommt durch Beschluss beider Kammern der
Nationalversammlung und Unterzeichnung durch den Staatspräsidenten zu Stande, es
sei denn, diese Verfassung bestimmt etwas anderes.
Wenn der Staatspräsident mit dem Beschluss der
Nationalversammlung nicht einverstanden ist, kann er ihn innerhalb einer Frist
von fünfzehn Tagen unter Angabe von Gründen an die Volksvertretung
zurückverweisen. Nach Ablauf dieser Frist bzw. nach nochmaligem Beschluss der
Volksvertretung mit Zweidrittelmehrheit aller Mitglieder gilt diese
Gesetzesvorlage als unterschrieben und tritt in Kraft.
Artikel 95
Ein Gesetzentwurf kann von der Regierung, von
Mitgliedern der Nationalversammlung und, wenn es sich um die Regelung von
Angelegenheiten der Judikative handelt, vom Obersten Gerichtshof (Estera
Mahkama) über die Regierung eingebracht werden.
Ein Gesetzentwurf über Haushalts- und
Finanzangelegenheiten kann nur von der Regierung eingebracht werden.
Artikel 96
Wenn ein eingebrachter Gesetzentwurf eine neue
Belastung oder einen Einkommensverlust des Staates beinhaltet, wird er nur dann
auf die Tagesordnung gesetzt, wenn im vorgelegten Text eine Gegenfinanzierung
vorgesehen ist.
Artikel 97
Ein Gesetzentwurf der Regierung wird zuerst der
Volksvertretung vorgelegt.
Sie nimmt den Gesetzentwurf, einschließlich solcher
über die Haushalts- und Finanzangelegenheiten und die Aufnahme bzw. Vergabe von
Krediten, nach Diskussion als Paket an oder lehnt ihn ab.
Sie kann die Entscheidung über den Gesetzentwurf
nicht länger als einen Monat verzögern.
Nach Annahme leitet sie den Gesetzentwurf an den
Ältestenrat weiter.
Der Ältestenrat entscheidet innerhalb von fünfzehn
Tagen über die Vorlage.
Die Nationalversammlung entscheidet vorrangig über
jene Gesetzentwürfe, Verträge und Entwicklungspläne der Regierung, die auf ihren
Vorschlag einer dringlichen Behandlung bedürfen.
Wenn ein Gesetzentwurf von zehn Mitgliedern einer der
beiden Kammern eingebracht und von einem Fünftel der Mitglieder der Kammer, der
er vorgelegt wurde, angenommen wird, kann er auf die Tagesordnung der
entsprechenden Kammer gesetzt werden.
Artikel 98
Der Staatshaushalt und der Entwicklungsplan der
Regierung sind über den Ältestenrat, mit dessen Stellungnahme versehen, der
Volksvertretung zuzuleiten.
Der Beschluss der Volksvertretung tritt, ohne dem
Ältestenrat erneut vorgelegt zu werden, nach Unterzeichnung durch den
Staatspräsidenten in Kraft.
Sollte der Haushalt aus irgendeinem Grund nicht vor
Beginn des neuen fiskalischen Jahres beschlossen werden, findet der Haushalt des
vorigen Jahres bis zur Verabschiedung des neuen Haushalts Anwendung. Die
Regierung legt innerhalb des letzten Viertels des fiskalischen Jahres den
Haushalt des nächsten Jahres mit einem kurzen Bericht über die
Haushaltskalkulation des laufenden Jahres der Nationalversammlung vor. Die
endgültige Haushaltsberechnung des vergangenen fiskalischen Jahres ist nach
Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen innerhalb von sechs Monaten des nächsten
Jahres der Nationalversammlung vorzulegen.
Die Volksvertretung kann den Haushaltsbeschluss nicht
länger als einen Monat und die Erlaubnis der Aufnahme bzw. Vergabe von Krediten,
die nicht zum Haushalt gehören, nicht länger als fünfzehn Tage verzögern.
Wenn die Volksvertretung in dieser Zeit über die
Aufnahme bzw. Vergabe von Krediten keinen Beschluss fasst, gilt die Vorlage als
angenommen.
Artikel 99
Wenn während der Sitzungsperiode der
Nationalversammlung der jährliche Haushalt, ein Entwicklungsplan oder
Angelegenheiten der öffentlichen Sicherheit, der territorialen Integrität und
der Souveränität des Landes behandelt werden, kann die Sitzungsperiode der
Nationalversammlung nicht beendet werden, bevor nicht ein Beschluss darüber
gefasst worden ist.
Artikel 100
Wenn der Beschluss einer Kammer von der anderen
Kammer abgelehnt wird, ist zur Lösung der Differenzen ein gemeinsamer Ausschuss
aus der gleichen Anzahl von Mitgliedern beider Kammern zu bilden.
Der Beschluss des Ausschusses ist nach Unterzeichnung
durch den Staatspräsidenten geltendes Recht. Wenn der gemeinsame Ausschuss die
Differenzen nicht lösen kann, gilt der Beschluss als nicht angenommen. In diesem
Fall kann ihn die Volksvertretung in der nächsten Sitzung mit
Zweidrittelmehrheit aller Mitglieder annehmen. Dieser Beschluss ist, ohne dass
er dem Ältestenrat vorgelegt werden muss, nach Unterzeichnung durch den
Staatspräsidenten geltendes Recht.
Artikel 101
Kein Mitglied der Nationalversammlung wird wegen
seines Abstimmungsverhaltens oder einer Meinungsäußerung bei der Ausübung seiner
Pflichten juristisch verfolgt.
Artikel 102
Wenn ein Mitglied der Nationalversammlung einer
Straftat beschuldigt wird, informiert der zuständige Beamte die Kammer, welcher
der Beschuldigte angehört, über den Fall, und der Beschuldigte kann juristisch
verfolgt werden.
Bei einer offenkundigen Straftat kann der zuständige
Beamte ohne Zustimmung der Kammer, welcher der Beschuldigte angehört, juristisch
verfolgen und inhaftieren.
Wenn die juristische Verfolgung eine Inhaftierung
erfordert, ist der zuständige Beamte in beiden Fällen verpflichtet, den Fall
sofort der entsprechenden Kammer mitzuteilen und deren Beschluss einzuholen.
Wird die Anklage während der sitzungsfreien Zeit
erhoben, wird die Erlaubnis zur Festnahme oder Inhaftierung vom
Verwaltungsausschuss der zuständigen Kammer eingeholt, und der Fall wird in der
ersten Sitzung der erwähnten Kammer zwecks Nachholung eines Beschlusses
vorgelegt.
Artikel 103
Die Minister können an den Sitzungen der Kammern der
Nationalversammlung teilnehmen.
Jede Kammer der Nationalversammlung kann die
Anwesenheit der Minister bei ihren Sitzungen verlangen.
Artikel 104
Beide Kammern der Nationalversammlung tagen in
getrennten Sitzungen zu gleicher Zeit. In folgenden Fällen können beide Kammern
gemeinsam Sitzungen abhalten:
1.
wenn die Legislaturperiode
oder die jährliche Sitzungsperiode durch den Staatspräsidenten eröffnet wird;
2.
wenn der Staatspräsident es
für erforderlich erachtet.
Der Präsident der Volksvertretung leitet die
gemeinsamen Sitzungen der Nationalversammlung.
Artikel 105
Die Sitzungen der Nationalversammlung sind
öffentlich, außer wenn der Sitzungspräsident oder mindestens zehn Mitglieder der
Nationalversammlung den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragen und die
Versammlung diesen Antrag annimmt.
Niemand darf sich Zugang zum Sitz der
Nationalversammlung gewaltsam erzwingen.
Artikel 106
Die Beschlussfähigkeit ist in jeder Kammer der
Nationalversammlung gegeben, wenn die Mehrheit der Mitglieder bei der Abstimmung
anwesend ist. Ihre Beschlüsse werden mit Stimmenmehrheit der anwesenden
Mitglieder gefasst, soweit diese Verfassung nichts anderes bestimmt.
Artikel 107
Die Nationalversammlung hält jedes Jahr zwei
ordentliche Sitzungsperioden ab.
Die Dauer der beiden Sitzungsperioden im Jahr beträgt
neun Monate. Die Nationalversammlung kann, wenn erforderlich, diese Dauer
verlängern.
Während der sitzungsfreien Zeit können auf Anweisung
des Staatspräsidenten außerordentliche Sitzungen einberufen werden.
Artikel 108
Im Fall des Todes, des Rücktritts und der Entlassung
eines Mitglieds der Nationalversammlung bzw. dessen Behinderung oder
Invalidität, die ihn auf Dauer an der Ausübung seiner Aufgaben hindern, wird ein
neuer Vertreter für den Rest der Legislaturperiode nach Maßgabe der Gesetze
bestimmt.
Fragen der Anwesenheit und Abwesenheit von
Mitgliedern der Nationalversammlung sind durch die Vorschriften der
Geschäftsordnung geregelt.
Artikel 109
Entwürfe zur Änderung des Wahlgesetzes können im
letzten Jahr der Legislaturperiode nicht auf die Tagesordnung der
Nationalversammlung gesetzt werden.
Kapitel 6
Die Große Ratsversammlung (Loya Dschirga)
Artikel 110
Die Große Ratsversammlung ist die höchste
Manifestation des Willens des afghanischen Volkes. Sie besteht aus:
1.
den Mitgliedern der
Nationalversammlung;
2.
den Vorsitzenden der Provinz-
und Bezirksräte.
Die Minister, der Präsident und die Mitglieder des
Obersten Gerichtshofs können an den Sitzungen der Großen Ratsversammlung ohne
Stimmrecht teilnehmen.
Artikel 111
Die Große Ratsversammlung wird in folgenden
Situationen einberufen:
1.
zur Beschlussfassung in
Fragen der Unabhängigkeit, nationalen Souveränität, territorialen Integrität und
der höchsten Interessen des Landes;
2.
zur Änderung der Bestimmungen
dieser Verfassung;
3.
zur Anklage des
Staatspräsidenten gemäß Artikel 69 dieser Verfassung.
Artikel 112
Die Große Ratsversammlung wählt in der ersten Sitzung
aus den Reihen ihrer Mitglieder einen Präsidenten, einen Stellvertreter sowie
einen Schriftführer und einen stellvertretenden Schriftführer.
Artikel 113
Die Beschlussfähigkeit der Großen Ratsversammlung ist
erreicht, wenn die Mehrheit der Mitglieder bei der Abstimmung anwesend ist.
Die Beschlüsse der Großen Ratsversammlung werden mit
der Mehrheit aller Mitglieder gefasst, außer in den in dieser Verfassung
ausdrücklich erwähnten Fällen.
Artikel 114
Die Debatten der Großen Ratsversammlung sind
öffentlich, es sei denn, ein Viertel der Mitglieder beantragt den Ausschluss der
Öffentlichkeit und die Große Ratsversammlung nimmt diesen Antrag an.
Artikel 115
Während der Sitzung einer Großen Ratsversammlung
gelten für ihre Mitglieder die Bestimmungen der Artikel 101 und 102 dieser
Verfassung.
Kapitel 7
Die Justiz
Artikel 116
Die Justiz ist ein unabhängiger Pfeiler des Staats
der Islamischen Republik Afghanistan.
Sie besteht aus dem Obersten Gerichtshof (Estera
Mahkama), den Berufungsgerichten (Mahakeme Istinaf) und den Gerichten erster
Instanz (Mahakeme Ebtedaiya), deren Strukturen und Befugnisse durch Gesetz
geregelt werden.
Der Oberste Gerichtshof steht als höchstes
richterliches Organ an der Spitze der Justiz der Islamischen Republik
Afghanistan.
Artikel 117
Der Oberste Gerichtshof besteht aus neun Mitgliedern,
die erstmalig vom Staatspräsidenten mit Zustimmung der Volksvertretung und unter
Berücksichtigung der Bestimmungen in den letzten Absätzen der Artikel 50 und 118
dieser Verfassung folgendermaßen ernannt werden:
drei Mitglieder für die Dauer von vier Jahren, drei
für sieben sowie drei weitere für zehn Jahre. Spätere Ernennungen gelten für
einen Zeitraum von zehn Jahren.
Ernennungen von Mitgliedern für eine zweite Amtszeit
sind unzulässig.
Der Staatspräsident ernennt eines der Mitglieder zum
Präsidenten des Obersten Gerichtshofs.
Die Mitglieder des Obersten Gerichtshof werden, außer
in dem in Artikel 127 dieser Verfassung genannten Fall, nicht vor Ende ihrer
Amtszeit ihres Amtes enthoben.
Artikel 118
Ein Mitglied des Obersten Gerichtshofs muss folgende
Bedingungen erfüllen:
1.
der Präsident und die
Mitglieder dürfen bei der Ernennung nicht jünger als vierzig Jahre alt sein;
2.
die afghanische
Staatsangehörigkeit besitzen;
3.
über höhere Bildung in der
Rechtswissenschaft bzw. im islamischen Recht sowie über ausreichende Kompetenz
und Berufserfahrung im afghanischen Rechtssystem verfügen;
4.
hohe ethische Maßstäbe und
einen guten Leumund haben;
1.
es darf nicht von einem
Gericht wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
oder wegen einer Straftat verurteilt worden sein und ihm dürfen nicht durch
Gerichte seine bürgerlichen Rechte aberkannt worden sein;
2.
es darf während der Amtszeit
keiner politischen Partei angehören.
Artikel 119
Die Mitglieder des Obersten Gerichtshofs leisten bei
ihrem Amtsantritt in Anwesenheit des Staatspräsidenten folgenden Eid:
„Im Namen des erhabenen Gottes (Erhaben sei seine
Majestät) schwöre ich, Recht und Gerechtigkeit gemäß den Bestimmungen der
heiligen Religion des Islam, dem Geist dieser Verfassung und sonstiger Gesetze
Afghanistans zu wahren und die richterlichen Aufgaben mit höchster
Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit und Unparteilichkeit zu erfüllen“.
Artikel 120
Die Befugnisse der Justiz umfassen die Durchführung
aller Gerichtsverfahren, die von natürlichen oder juristischen Personen,
einschließlich des Staates, als Kläger oder Beklagte vor Gericht nach Maßgabe
der gesetzlichen Bestimmungen angestrengt werden.
Artikel 121
Zu den Befugnissen des Obersten Gerichtshofs gehören
auf Ersuchen der Regierung oder der Gerichte die Überprüfung der Gesetze,
Gesetzeserlasse, internationalen Verträge und Konventionen auf Übereinstimmung
mit der Verfassung und deren Auslegung nach Maßgabe der gesetzlichen
Bestimmungen.
Artikel 122
Ein Gesetz darf unter keinen Umständen einzelne Fälle
oder ein Rechtsgebiet den Kompetenzen der Justiz, wie sie in diesem Kapitel
definiert sind, entziehen und einer anderen Stelle übertragen.
Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf die
Einrichtung von Sondergerichten, die in den Artikeln 69, 78 und 127 dieser
Verfassung erwähnt sind, sowie von Militärgerichten und den dazugehörigen
Angelegenheiten.
Die Struktur und Zuständigkeit dieser Gerichte werden
durch Gesetz geregelt.
Artikel 123
Die Vorschriften über die Strukturen und Befugnisse
sowie die Arbeitsweisen der Gerichte und Aufgaben und Pflichten der Richter
werden unter Berücksichtigung der Bestimmungen dieser Verfassung durch ein
Gesetz geregelt.
Artikel 124
Für Beamte und sonstiges Verwaltungspersonal der
richterlichen Gewalt gelten die gesetzlichen Bestimmungen der Beamten und
sonstigen Verwaltungsangestellten des Staates, deren Ernennung, Entlassung,
Beförderung, Pensionierung, Bestrafung und Auszeichnung wird jedoch nach Maßgabe
der gesetzlichen Bestimmungen durch den Obersten Gerichtshof vorgenommen.
Artikel 125
Der Haushalt der Justiz wird in Beratung mit der
Regierung vom
Obersten Gerichtshof aufgestellt und als Teil des Staatshaushalts von der
Regierung der Nationalversammlung vorgelegt.
Die Befugnisse zur Haushaltsführung der richterlichen
Gewalt liegt beim Obersten Gerichtshof.
Artikel 126
Die Mitglieder des Obersten Gerichtshofs erhalten
nach ihrer Amtszeit bis an ihr Lebensende finanzielle Zuwendungen aus ihrer
Dienstzeit, vorausgesetzt sie haben keine staatlichen und politischen Ämter
inne.
Artikel 127
Wenn mehr als ein Drittel der Mitglieder der
Volksvertretung (Wulesi Dschirga) ein Gerichtsverfahren gegen den Präsidenten
des Obersten Gerichtshofs oder eines seiner Mitglieder wegen Verdachts auf ein
Vergehen bei seiner Amtsführung oder auf ein verübtes Verbrechen beantragt und
die Volksvertretung diesen Antrag mit Zweidrittelmehrheit der Stimmen annimmt,
wird der Beschuldigte aus seinem Amt entlassen und der Fall an ein Sondergericht
verwiesen.
Die Zusammensetzung des Gerichts und die
Prozessordnung werden durch Gesetz geregelt.
Artikel 128
Die Gerichtsverfahren vor afghanischen Gerichten
finden öffentlich statt. Jeder hat das Recht, im Rahmen der gesetzlichen
Bestimmungen ihnen beizuwohnen.
Ein Gericht kann in Fällen, die im Gesetz festgelegt
sind oder in denen der Ausschluss der Öffentlichkeit als notwendig erachtet
wird, nichtöffentliche Sitzungen abhalten; die Urteilsverkündung muss jedoch in
jedem Fall öffentlich sein.
Artikel 129
Ein Gericht ist verpflichtet, für das Urteil, das es
erlässt, Begründungen anzugeben.
Alle rechtskräftigen Gerichtsurteile sind zu
vollziehen, außer im Fall eines Todesurteils, das der Zustimmung des
Staatspräsidenten bedarf.
Artikel 130
Die Gerichte wenden bei den Verfahren die
Bestimmungen dieser Verfassung und sonstiger Gesetze an. Wenn in einem zur
Entscheidung anstehenden Fall in der Verfassung und den sonstigen Gesetzen keine
Bestimmungen zu finden sind, müssen die Gerichte ihre Urteile innerhalb der
Grenzen dieser Verfassung in Übereinstimmung mit der hanafitischen Rechtslehre
(Fiqh) so fällen, dass der Gerechtigkeit auf bestmögliche Weise gedient ist.
Artikel 131
Gerichte wenden nach Maßgabe der gesetzlichen
Bestimmungen in Fällen, in denen es um persönliche Angelegenheiten der
schiitischen Gläubigen geht, den Schia- Rechtskodex an.
Auch in sonstigen Rechtsstreitigkeiten, für die es in
dieser Verfassung und den übrigen Gesetzen keine Bestimmungen gibt, urteilen die
Gerichte nach den Grundsätzen dieses Glaubens.
Artikel 132
Die Richter werden auf Vorschlag des Obersten
Gerichtshofs und nach Bestätigung durch den Staatspräsidenten ernannt.
Ernennung, Versetzung, Beförderung, Verwarnung und
Vorschlag zur Versetzung in den Ruhestand von Richtern gehören nach Maßgabe der
gesetzlichen Bestimmungen zu den Befugnissen des Obersten Gerichtshofs.
Der Oberste Gerichtshof schafft zur besseren Regelung
der Verwaltungs- und Justizangelegenheiten und zur Sicherung der notwendigen
Reformen ein oberes Verwaltungsorgan der Justiz.
Artikel 133
Wenn ein Richter eines Verbrechens beschuldigt wird,
untersucht der Oberste Gerichtshof nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen
den Fall des betroffenen Richters. Wenn der Oberste Gerichtshof nach Anhörung
seiner Verteidigung die erhobene Anschuldigung für stichhaltig erachtet,
beantragt der Oberste Gerichtshof beim Staatspräsidenten seine Entlassung. Nach
deren Bestätigung durch den Staatspräsidenten wird der beschuldigte Richter
seines Amtes enthoben und nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen bestraft.
Artikel 134
Verbrechensaufklärung ist Aufgabe der Polizei,
Untersuchung und Klageerhebung gegen den Beschuldigten vor Gericht führt nach
Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen die Staatsanwaltschaft durch.
Sie ist Teil der Exekutive und in ihren Handlungen
unabhängig.
Struktur, Befugnisse und Tätigkeiten der
Staatsanwaltschaft werden durch Gesetz geregelt.
Aufklärung und Ermittlung der Straftaten, die von
Angehörigen der bewaffneten Streitkräfte, der Polizei und des Nationalen
Sicherheitsdienstes während der Dienstzeit begangenen werden, regelt ein
Sondergesetz.
Artikel 135
Versteht der Beschuldigte die Sprache, in der das
Gerichtsverfahren geführt wird, nicht, hat er das Recht, sowohl zur
Akteneinsicht als auch zur Kommunikation vor Gericht in seiner Muttersprache
einen Dolmetscher heranzuziehen.
Kapitel 8
Die Verwaltung
Artikel 136
Die Staatsverwaltung der Islamischen Republik
Afghanistan gliedert sich gemäß Gesetz in zentrale und örtliche
Verwaltungseinheiten.
Die Zentralverwaltung ist in verschiedene
Verwaltungseinheiten aufgeteilt, an deren Spitze jeweils ein Minister steht.
Die örtliche Verwaltungseinheit ist die Provinz.
Anzahl, Größe, Teile und Strukturen der Provinzen und ihrer jeweiligen
Verwaltungen regelt auf der Grundlage der Bevölkerungsdichte, der sozialen und
wirtschaftlichen Bedingungen sowie der geographischen Lage ein Gesetz.
Artikel 137
Die Regierung überträgt unter Wahrung des
Zentralismusprinzips und nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen den
örtlichen Verwaltungen die notwendigen Befugnisse zur Verbesserung und
Beschleunigung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Belange und zur
vermehrten Beteiligung der Bürger an der Entwicklung des öffentlichen Lebens.
Artikel 138
In jeder Provinz wird ein Provinzrat gebildet.
Die Mitglieder eines Provinzrats werden proportional
zur Bevölkerungszahl durch freie, allgemeine, geheime und unmittelbare Wahlen
von den Einwohnern der Provinz für vier Jahre gemäß Gesetz gewählt.
Der Provinzrat wählt eines seiner Mitglieder zum
Vorsitzenden.
Artikel 139
Der Provinzrat beteiligt sich im Einklang mit dem
Gesetz an der Verwirklichung der staatlichen Entwicklungsziele und der Förderung
der Provinzangelegenheiten und hat beratende Funktion in den Belangen der
Provinz.
Die Provinzräte erfüllen ihre Aufgaben in
Zusammenarbeit mit der örtlichen Verwaltung.
Artikel 140
Zur Regelung der Angelegenheiten der Bürger und zur
Sicherung ihrer aktiven Teilnahme an der örtlichen Verwaltung (Edaraye Mahalli)
werden nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen in den Bezirken (Wuluswaliha)
und Gemeinden (Qrayaha) Räte gebildet.
Die Mitglieder dieser Räte werden durch freie,
allgemeine, geheime und unmittelbare Wahlen von den örtlichen Bewohnern für drei
Jahre gewählt.
Die Teilnahme der Nomaden an diesen örtlichen Räten
wird durch Gesetz geregelt.
Artikel 141
Zur Verwaltung städtischer Angelegenheiten werden
Stadtverwaltungen (Scharwaleha) eingerichtet.
Der Bürgermeister (Scharwal) und die Mitglieder des
Stadtrats werden durch freie, allgemeine, geheime und unmittelbare Wahlen
gewählt.
Die Belange der Stadtverwaltungen werden durch Gesetz
geregelt.
Artikel 142
Der Staat richtet zur Durchführung der Bestimmungen
und zur Sicherung der in dieser Verfassung verankerten Werte die notwendigen
Behörden ein.
Kapitel 9
Der Ausnahmezustand
Artikel 143
Wenn wegen eines Krieges, der Gefahr eines Krieges,
eines gefährlichen Aufruhrs, wegen Naturkatastrophen oder ähnlicher Fälle der
Schutz der Unabhängigkeit und der nationalen Existenz mit den in der Verfassung
vorgesehenen Maßnahmen unmöglich wird, verkündet der Staatspräsident mit
Zustimmung der Nationalversammlung (Schuraye Milli) im ganzen Land oder in
Teilen des Landes den Ausnahmezustand.
Dauert der Ausnahmezustand länger als zwei Monate,
ist für seine Verlängerung die Zustimmung der Nationalversammlung erforderlich.
Artikel 144
Während des Ausnahmezustands kann der Staatspräsident
nach Beratung mit den Präsidenten der Nationalversammlung und des Obersten
Gerichtshofs einige Befugnisse der Nationalversammlung an die Regierung
übertragen.
Artikel 145
Während des Ausnahmezustands kann der Staatspräsident
mit Zustimmung der Präsidenten der Nationalversammlung und des Obersten
Gerichtshofs die Durchführung folgender Bestimmungen aussetzen oder
einschränken:
1.
Absatz 2 des Artikels 27;
2.
Artikel 36;
3.
Absatz 2 des Artikels 37;
4.
Absatz 2 des Artikels 38.
Artikel 146
Im Ausnahmezustand darf die Verfassung nicht geändert
werden.
Artikel 147
Wenn die Amtszeit des Staatspräsidenten bzw. die
Legislaturperiode der Nationalversammlung während des Ausnahmezustands endet,
wird die Durchführung von Neuwahlen verschoben und die Amtszeit des
Staatspräsidenten und der Mitglieder der Nationalversammlung um bis zu vier
Monate verlängert.
Wenn der Ausnahmezustand mehr als vier Monate
andauert, wird eine Große Ratsversammlung (Loya Dschirga) vom Staatspräsidenten
einberufen.
Nach Beendigung des Ausnahmezustandes sind innerhalb
von zwei Monaten Wahlen abzuhalten.
Artikel 148
Maßnahmen, die aufgrund der Artikel 144 und 145
dieser Verfassung ergriffen worden waren, verlieren unmittelbar nach Beendigung
des Ausnahmezustands ihre Gültigkeit.
Kapitel 10
Verfassungsänderungen
Artikel 149
Die Bestimmungen, nach der die Grundzüge der heiligen
Religion des Islam und die Ordnung der Islamischen Republik befolgt werden
müssen, können nicht geändert werden.
Änderungen der Grundrechte der Bürger sind nur mit
dem Ziel erlaubt, sie zu verbessern.
Aufgrund neuer Erfahrungen und der Erfordernisse der
Zeit können andere Inhalte dieser Verfassung unter Berücksichtigung der in
Artikel 67 und 147 verankerten Bestimmungen dieser Verfassung auf Antrag des
Staatspräsidenten oder der Mehrheit der Mitglieder der Nationalversammlung
geändert werden.
Artikel 150
Zur Behandlung eines Änderungsantrages wird durch
Erlass des Staatspräsidenten ein Ausschuss aus den Reihen der Mitglieder der
Regierung, der Nationalversammlung und des Obersten Gerichtshofs gebildet.
Dieser bereitet den Änderungsentwurf vor.
Zur Verabschiedung einer Verfassungsänderung wird
eine Große Ratsversammlung (Loya Dschirga) durch Erlass des Staatspräsidenten
und gemäß den Bestimmungen des Kapitels „Die Große Ratsversammlung” einberufen.
Wenn die Große Ratsversammlung mit einer
Zweidrittelmehrheit aller Mitglieder den Änderungsentwurf annimmt, tritt er nach
Unterzeichnung durch den Staatspräsidenten in Kraft.
Kapitel 11
Verschiedene Bestimmungen
Artikel 151
Der Staatspräsident, die Vizepräsidenten, die
Minister, der Präsident und die Mitglieder des Obersten Gerichtshofs, der
Generalstaatsanwalt, die Präsidenten der Zentralbank und des Nationalen
Sicherheitsdienstes, die Gouverneure und die Bürgermeister dürfen während ihrer
Amtszeit keine gewinnbringenden Geschäfte mit dem Staat betreiben.
Artikel 152
Der Staatspräsident, die Vizepräsidenten, die
Minister, die Präsidenten und Mitglieder der Nationalversammlung und des
Obersten Gerichtshofs, der Generalstaatsanwalt und die Richter dürfen während
ihrer Amtszeit keiner anderen bezahlten Beschäftigung nachgehen.
Artikel 153
Richter, Staatsanwälte, Offiziere der Streitkräfte
und der Polizei sowie Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsdienstes dürfen
während ihrer Amtszeit keiner politischen Partei angehören.
Artikel 154
Das Vermögen des Staatspräsidenten, der
Vizepräsidenten, der Minister, der Mitglieder des Obersten Gerichtshofs und des
Generalstaatsanwalts ist vor Beginn und nach Beendigung ihrer Amtszeit durch ein
Gremium, das im Gesetz bestimmt wird, zu registrieren, zu überprüfen und zu
veröffentlichen.
Artikel 155
Den Vizepräsidenten, den Ministern, den Präsidenten
und den Mitgliedern der Nationalversammlung und des Obersten Gerichtshofs, den
Richtern und dem Generalstaatsanwalt wird nach Maßgabe der gesetzlichen
Bestimmungen ein entsprechendes Gehalt gezahlt.
Artikel 156
Eine „Unabhängige Wahlkommission“ wird zur
Durchführung und Überwachung aller Wahlen und Volksentscheide im Lande nach
Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen gebildet.
Artikel 157
Eine „Unabhängige Kommission zur Überwachung der
Einhaltung der Verfassung“ wird nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen
gebildet. Die Mitglieder dieser Kommission werden vom Staatspräsidenten mit
Zustimmung der Volksvertretung ernannt.
Kapitel 12
Die Übergangsbestimmungen
Artikel 158
Der Titel „Vater der Nation“ (Babaye Millat) und die
Privilegien, die durch die Außerordentliche Große Ratsversammlung des
Hidschrajahres 1381 (= 2002) Seiner Majestät Mohammad Zahir Schah, dem früheren
König von Afghanistan, verliehen wurden, bleiben ihm in Übereinstimmung mit den
Bestimmungen dieser Verfassung auf Lebenszeit erhalten.
Artikel 159
Die Zeit nach Inkrafttreten dieser Verfassung bis zur
konstituierenden Sitzung der Nationalversammlung wird als Übergangszeit
betrachtet. Die Islamische Übergangsregierung Afghanistans erfüllt in der
Übergangszeit folgende Aufgaben:
1.
Erlass von Rechtsverordnungen
bezüglich der Präsidentschafts-, der Nationalversammlungs- und der
Kommunalwahlen innerhalb von sechs Monaten;
2.
Erlass von Rechtsverordnungen
über die Strukturen und Zuständigkeiten der Gerichte sowie Beginn der Arbeit an
einem Gesetz über grundlegende Strukturen innerhalb eines Zeitraums von weniger
als einem Jahr;
3.
Bildung einer „Unabhängigen
Wahlkommission“;
4.
Durchführung von notwendigen
Reformen zur Verbesserung der Arbeit der Exekutive und der Justiz;
5.
Ergreifung notwendiger
Maßnahmen, um die Voraussetzung zur Durchsetzung der Bestimmungen dieser
Verfassung zu schaffen.
Artikel 160
Der erste gewählte Staatspräsident nimmt dreißig Tage
nach Verkündung des Wahlergebnisses nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen
dieser Verfassung seine Arbeit auf.
Es werden alle Anstrengungen unternommen, damit die
erste Präsidentschaftswahl und die erste Wahl zur Nationalversammlung
gleichzeitig stattfinden.
Die in dieser Verfassung geregelten Befugnisse der
Nationalversammlung werden bis zur Konstituierung der Nationalversammlung der
Regierung übertragen. Der Provisorische Oberste Gerichtshof wird durch Erlass
des Staatspräsidenten gebildet.
Artikel 161
Die Nationalversammlung wird ihre Aufgaben und
Befugnisse unmittelbar nach ihrer Konstituierung nach Maßgabe der gesetzlichen
Bestimmungen dieser Verfassung ausüben.
Innerhalb von dreißig Tagen nach Eröffnung der ersten
Sitzung der Nationalversammlung werden die Regierung und der Oberste Gerichtshof
nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen dieser Verfassung gebildet.
Der Präsident der Übergangsregierung Afghanistans
nimmt, bis der neue Präsident sein Amt antritt, dessen Aufgaben wahr.
Die exekutiven und legislativen Organe des Staates
setzen nach Maßgabe der Bestimmung des Absatzes 4, Artikel 159 dieser Verfassung
bis zur Bildung der Regierung und des Obersten Gerichtshofs ihre Aufgaben fort.
Gesetzeserlasse, die seit Beginn der Übergangszeit in
Kraft getreten sind, werden in der ersten Sitzung der Nationalversammlung wieder
vorgelegt.
Diese Erlasse bleiben so lange rechtskräftig, bis sie
von der Nationalversammlung außer Kraft gesetzt werden.
Artikel 162
Diese Verfassung tritt nach Annahme durch die Große
Ratsversammlung in Kraft und wird vom Präsidenten der Islamischen
Übergangsregierung Afghanistans unterschrieben und verkündet.
Mit Inkrafttreten dieser Verfassung sind Gesetze und
gesetzliche Erlasse, die ihren Bestimmungen widersprechen, ungültig.
Anmerkung des Übersetzers
Die neue afghanische Verfassung wurde von der Großen
Ratsversammlung (Loya Dschirga) am 4.1.2004 (14. Jadi 1382 Hidschra) in Kabul
verabschiedet. Von diesem Text ließ die UNO eine englische Übersetzung
anfertigen. Nach Unterzeichnung durch Präsident Hamid Karzai am 25.01.2004 (=
6. Dalwa 1382 Hidschra) trat die Verfassung in Kraft und wurde anschließend vom
Sekretariat der Verfassungskommission Afghanistans in den Sprachen Dari und
Paschtu veröffentlicht. Die vorliegende deutsche Übersetzung erfolgte aus der
Dari-Fassung dieses maßgebenden Verfassungstextes, wobei die Paschtu-Fassung bei
Bedarf als Vergleich herangezogen wurde.
Im Verfassungstext sind folgende Ausdrücke verwendet
worden:
Wulesi Dschirga:
Volksvertretung
Meschrano Dschirga:
Ältestenrat
Schuraye Milli:
Nationalversammlung
Loya Dschirga:
Große Ratsversammlung
Mahakeme Ebtedaiya:
Gerichte I. Instanz
Mahakeme Istinaf:
Berufungsgerichte
Estera Mahkama:
Oberster Gerichtshof
Wilayat:
Provinz
Edaraye Mahalli:
Provinzverwaltung
Schoraye Wilayati:
Provinzrat
Wuluswali:
Bezirk
Qarya: Gemeinde
Scharwal:
Bürgermeister
Scharwale:
Stadtverwaltung
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