Koalition über
Bleibrecht einig
BERLN. Union
und SPD haben sich auf einen Kompromiss für das umstrittene Bleibrecht
verständigt. Danach soll ein Großteil der rund 190 000 geduldeten Ausländer in
Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis bekommen.
Das haben Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Arbeitsminister Franz
Müntefering (SPD) am Dienstag mit Experten der Koalition vereinbart.
Niedermachens Innenminister Uwe Schünemann kündigte allerdings Ablehnung durch
die Unionsländer der Bundesrat an.
Dem Kompromiss muss zunächst auch noch die Innenministerkonferenz zustimmen, die
morgen in Nürnberg zusammenkommt. Nach Informationen aus Koalitionskreisen soll
es eine Altfallregelung geben. Von ihr sollen geduldete Ausländer profitieren,
die seit mindestens acht Jahren (Alleinstehende) beziehungsweise sechs Jahren
(mit Familie) in Deutschland leben.
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Das bekannte Spiel
Ein
Kommentar von Hagen Strauss, Berlin
Das Spiel ist
bekannt: Teile der Koalition kündigen eine Einigung bei einem bislang strittigen
Thema an, in diesem Fall ein Bleibrecht für langjährig geduldete Flüchtlinge.
Etwas später bremsen die Innenminister der Länder abrupt ab. Neuer Krach bei der
Innenministerkonferenz in dieser Woche ist also absehbar. Nicht zuletzt aufgrund
parteipolitischer Interessen. So hat der bayerischer CSU-Innenminister Günter
Beckstein die Einigung bereits als nicht annehmbar abgelehnt.
Insofern sollte man den von der Koalition erziehen Kompromiss noch mit Vorsicht
genießen. Inhaltlich bietet er den Betroffenen ohnehin wenig Anlass zum Jubeln.
Denn von neuer Großzügigkeit ist kaum etwas zu finden. Dass zum Beispiel
Geduldete ihren Lebensunterhalt erst selbst finanzieren sollen, um sich damit
ihren Aufenthalt zu verdienen, ist weltfremd. Gerade sie haben es auf dem
Arbeitsmarkt besonders schwer.
Zumindest scheint die Koalition aber eines schrittweise akzeptieren zu wollen:
Viele Geduldete leben in Deutschland seit Jahren mit Kindern, die hier
aufgewachsen sind, die kaum Verbindung zum Herkunftsstaat haben und eigentlich
zu Inländern geworden sind. Zumindest diesem Umstand trägt der Kompromiss in
Ansätzen Rechnung- das ist wenigstens etwas.
Darmstädter Echo vom 15. 11.06 Seite 1 und 2
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