Kabulnath
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Die Buddha- Statuen von Bamian scheinen für immer verloren Afghanistan – Fünf Jahre nach der Zerstörung des Weltkulturerbes durch die Taliban gibt es wenig Hoffung auf einen Wiederaufbau – Vor allem fehlt das dazu nötige Geld Von Can Merey Darmstädter Echo von 01. März 06
KABUL. Die Welt schrie auf, als die Taliban ihre Drohung wahr machten: Unbeeindruckt selbst vom muslimischen Protesten begannen die selbst ernannten Gotteskrieger am heutigen 1. März vor fünf Jahren, die weltberühmten Buddha-Statuen im afghanischen Bamian zu beschießen und dann zu sprengen. Kaum zwei Wochen später verkündeten die damaligen Herrscher in Kabul stolz die Zerstörung des Weltkulturerbes. Das Schreckensregime der Bilderstürmer fand nach den Anschlägen von New York und Washington wenige Monate später ein Ende. Der Schaden, den sie anrichteten, ist dauerhaft. Die Statuen werden nach derzeitigem Stand der UNO-Kulturorganisation Unesco zufolge nicht wieder aufgebaut. Die Nischen wurden vor dem Einsturz bewahrt
Buddhistische Mönche hatten die beiden 38 und 55 Meter hohen Statuen im 6. Jahrhundert aus dem Fels gehauen. Die Unesco ist seit dem Sturz der Taliban Ende 2001 damit beschäftigt, das zu bewahren, was deren blinde Zerstörungswut an der historischen Stätte übrig ließ. Die in den Fels gehauenen Nischen, in denen die gigantischen Buddhas standen, wurden vor dem Einsturz bewahrt. Überreste der Statuen wurden gesichert, übrig gebliebene Wandmalereien konserviert. Viel mehr sei nicht möglich, sagt der Afghanistan -Experte Christan Manhart vom Welterbe-Zentrum der Unesco. „Ein Wiederaufbau ist derzeit nicht machbar.” Zwar gab es vor allem aus der Schweiz immer wieder Vorstöße, die Statuen neu zu errichten. Aber dazu fehlen nicht nur ein Mandat der afghanischen Regierung und das technische Know-how, sondern vor allem Geld, sagt Manhart. Er hält eine Kostenschätzung von 30 Millionen Doller (gut 25 Millionen Euro) für realistisch. Finanziell günstige, als die Buddhas wieder wie einst ist Stein zu meißeln, dürfte ein Alternativvorschlag sein, den die Unesco freilich ablehnt: Die Statuen aus Beton zu gießen. „Dann bekämen wir eine Art Bamian-Disneyland und nicht das Original, das mit dem Geist buddhistischer Mönche geschaffen wurde”, sagt Manhart. Die Zerstörung dieses Originals hatte der bis heute flüchtige Taliban- Anführer Mullah Omar persönlich angeordnet. „Es entspricht der islamischen Lehre, alle Arten von Statuen zu zerstören”, sagte er damals mit Blich auf das Verbot im Islam, Gott oder Lebewesen in Bildern darzustellen. Auch muslimische Gelehrte meinten allerdings, dass die Taliban mit der Zerstörung der Statuen einmal mehr weit jedes Maß und Ziel vermissen ließen.
Die Schreckensherrschaft der „Islamstundenten”
1994 begann der Siegeszug der Taliban, schon zwei Jahre später zogen die „Islamstudenten” in Kabul ein. Immer wieder riefen sie weltweit ungläubiges Entsetzen hervor. Ehebrecherinnen wurden gesteinigt, Mädchen der Schulbesuch verboten. Weltliche Musik und Fernsehen untersagten die Taliban ebenso wie simples Pfeifen. Die Sittenpolizei verprügelte Frauen ohne Schleier und Männer ohne Bart, Kinder durften keine Drachen mehr steigen lassen und mussten damit auf ein in Afghanistan besonders beliebtes Freizeitvergnügen verzichten. Zu gleich versank das Land unter seiner unfähigen Führung in Elend und Armut. Fast wirkt es daher zynisch, dass Mullah Omar nach der Zerstörung de Statuen sagte, es sei eine Schande, dass die Welt sich mehr um Gegenstände aus Stein als um die Leiden der Menschen in Afghanistan sorge. Allerdings kritisierte damals auch die liberale britische Zeitung „The Independent”, nicht durch ein neues Verbrechen gegen die Menschenrechte, sondern durch die Zerstörung der Statuen sei die Welt wachgerüttelt worden. „So furchtbar das ist: Dies ist bei weiten nicht das Schlimmste, das während des schrecklichen Jahrzehnts der Taliban- Herrschaft in Afghanistan passiert ist.” Weder Menschenrechtsverletzungen noch die Zerstörung der Statuen bereiteten dem Regime ein Ende – dafür sorgte erst die Weigerung der Taliban, nach den Anschlägen vom 11. September 2001 El-Kaida- Chef Osma bin Laden auszuliefern. Bis dahin blickte die Welt ebenso entsetzt wie gelähmt auf den Horror am Hindukusch. Im Untergrund kämpfen die Gotteskrieger immer noch, bei den Prosten gegen die Mohamed- Karikaturen melden sie sich nun wieder zu Wort. Ausgerechnet die Taliban, die mit der Zerstörung der Bamian- Statuen zeigen, welchen Respekt sie anderen Religionen zollen, riefen wegen der Karikaturen Ungeläubige auf.
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2. Jahr 24. Hausgabe Mräz 2006