Afghanistan- Nach einer Studie der Vereinten Nationen
werden in dem Land fast so viele Dollars mit Korruption umgesetzt wie
mit Drogen
LONDON. Schmiergelder und Drogen - damit wird in
Afghanistan das meiste Geld verdient.
Laut einem UNO-Bericht zahlten die Bürger des Landes
2009 fast ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts an Bestechungsgeldern
ganze 2,5 Milliarden Dollar (1,7 Milliarden Euro). Die Nutznießer waren
meistens öffentliche Bedienstete, wie aus der am Dienstag
veröffentlichten Studie des UNO-Büros für Drogenkontrolle und
Verbrechensbekämpfung
hervorgeht. Der Wert des Opiumhandels 2009 wird darin
auf 2,8 Milliarden Dollar geschätzt.
Dem in London vorgestellten Bericht zufolge musste jeder
zweite Bürger Afghanistans im Zeitraum von 2008 bis 2009 mindestens
einmal öffentliche Bedienstete bestechen – ob Polizisten, Politiker,
Richter oder Regierungsbeamte. Viele Menschen zahlten "Bakschisch", um
bürokratische Hürden zu überwinden oder um trotz schlechter
Dienstleistungen Hilfe zu erhalten.
In mehr als der Hälfte solcher Fälle forderten die
Beamten mehr oder weniger direkt Bargeld. Die durchschnittliche
jährliche Schmiergeldzahlung pro Betroffenem betrug laut UNO-Bericht 160
Dollar - und das in einem Land, in dem das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf
bei 425 Dollar liegt.
"Ich appelliere dringend an die neue Regierung, der
Korruptionsbekämpfung höchste Priorität einzuräumen", erklärte der
Leiter des UNO-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, Antonio
Maria Costa. Angesichts der jetzigen Zustände sei das Vertrauen der
Bevölkerung in den Beamtenapparat zutiefst erschüttert. Fatal ist dies
laut Costa insbesondere im Justizwesen: Da die traditionellen
Rechtsstrukturen zusammengebrochen seien, griffen immer mehr Menschen zu
gewaltsamer Selbstjustiz oder zur Scharia. Bestechung sei "eine lähmende
Steuer für Menschen, die sowieso bereits zu den ärmsten der Welt
gehören".
Der Bericht stützt sich auf die Befragung von 7600
Afghanen in zwölf Provinzhauptstädten und 1600 Dörfern zwischen Herbst
2008 und Herbst 2009. Das mangelnde Vertrauen ins afghanische
Staatswesen wurde darin über deutlich: Nur neun Prozent der
Stadtbewohner sahen einen Sinn darin, Vorfälle von Korruption den
Behörden zu melden. ap/dpa