GESELLSCHAFT Regierungschef Fillon weist Behörden an, auf die Anrede in neuen Formularen zu verzichten
VON ANSGAR HAASE
PARIS. Die französische Regierung hat angeordnet, dass der Begriff "Mademoiselle" auf keinem neuen Formular mehr stehen darf.
Diskriminierend. berholt und sexistisch: Seit Jahren kämpfen französische Feministinnen gegen die Anrede "Mademoiselle". Nun feiern sie ein großen Erfolg. Der französische Premierminister Franccis FiJlon fordert in einem Rundschreiben alle Behörden auf, in allen neuen Formularen und Briefen auf die Entsprechung zum deutschen Fräulein zu verzichten. Nur auf bereits gedruckten Vorlagen darf die Unterscheidung zwischen "Madame" (verheiratet) und "Mademoiselle" noch stehen.
Fr Frankreich wäre das Verschwinden des Begriffs eine kleine Revolution Bis heute war es gang und gäbe, dass Frauen sich auf Behörden- oder Unternehmensformularen "outen" mssen. Wer das Kreuzchen an der falschen Stelle machte riskierte, dass Verträge wegen falscher Angaben fr ungltig erklärt wurden. 2007 hatte es eine Klage bei der Antidiskriminierungsbehörde gegeben, weil eine Präfektur von einer Frau 145 Euro dafr kassieren wollte, aus der "Mademoiselle" in ihren Fahrzeugpapieren eine "Madame" zu machen.
Der Titel "Mademoiselle" erinnere an eine Epoche, in der die Frauen mit der Heirat von der Obrigkeit des Vaters in die Obrigkeit des Ehemanns bergeben wurden, schimpften Feministinnen zum Start einer neuen Anti Mademoiselle-Kampagne im Herbst vergangenen Jahres Sie forderten alle Gleichgesinnten auf, Protestbriefe an Regierungsmitglieder und Parlamentarier zu richten.
Vor der Präsidentenwahl
Ob der Aufruf oder die bevorstehende Präsidentschaftswahl die Regierung zu der neuen Anweisung veranlasste, ist unklar. Fr die Unterscheidung zwischen "Madame" und "Mademoiselle" gebe es keinerlei rechtliche
Grundlage, begrndete Regierungschef Fillon sein Schreiben "Unsere Mobilmachung ber das Internet hat ein enormes Ausmaß erreicht", hatte eine der Initiatorinnen des Protests zuvor gegen ber der Zeitung .Le Parisen" erklär t.
In Deutschland ist der Gebrauch von "Fräulein" auf Formularen bereits seit 1972 tabu. Damals gab das Bundesinnenministerium die Anweisung, volljährige Frauen auch als solche zu bezeichnen. In Kanada sei der Begriff sogar eine Beleidigung, merken die bei den Organisationen "Osez le f'erninisrne!" und "Chiennes de garde" (Wachhndinnen) an.
Das manche Frauen ab 35 Jahren "Mademoiselle" als Kompliment fr jugendliches Aussehen werten, können die Feministinnen nicht nachvollziehen. In dem Begriff fr eine "ledige Frau" schwinge mit, dass man verfgbar sei. Dies sei keineswegs schmeichelhaft, kommentierten die Aktivistinnen. Ihr Aufruf zur jngsten Kampagne begann mit der provokativen Frage: "Haben Sie sich nie gefragt, warum man einen unverheirateten Mann nicht Herrlein nennt?"
In Deutschland gehen die Berhrungsängste mit dem Wort allerdings anscheinend wieder zurck. So nennt sich eine Zeitschrift selbstbewusst "Fräulein" - fr Frauen, die noch Mädchen sind, wie es in der Werbung heißt
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